Kinder und Jugendliche und ihre Familien sind nur wenig mit Ihren Ängsten, Sorgen und Bedürfnissen gehört worden, auch wenn Sie schon einmal angeschrieben wurden, sich als Betroffene melden zu können. Deshalb hat der Aufsichtsrat des UKS nun eine unabhängige Aufarbeitungskommission (UAK) aus Expertinnen und Experten beauftragt, die das Geschehene und seine Ursachen wie Folgen unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Betroffenen und unter deren Einbeziehung aufarbeiten soll. Darüber hinaus soll die UAK Empfehlungen abgeben, welche Vorkehrungen zu treffen sind, um solche schlimmen Taten im Universitätsklinikum künftig zu verhindern, und welche Unterstützung und ggf. welche Entschädigung für das Erlittene den Betroffenen zuteilwerden sollte.
Unter besonderer Berücksichtigung der Betroffenenperspektive wollen wir aufarbeiten, wie es zu diesen schlimmen Taten an Kindern und Jugendlichen kommen konnte, weshalb sie so lange unentdeckt blieben und wie damit umgegangen wurde, als sie schließlich offenbar wurden. Dazu müssen wir die Vorkommnisse analysieren, um jenseits von strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Vorwürfen und Ansprüchen die Frage nach den Ursachen, der Verantwortung dafür und auch nach den daraus zu ziehenden Konsequenzen zu beantworten. Für eine Aufarbeitung in diesem Sinne ist unabdingbar, den Opfern zuzuhören und anzuerkennen, was ihnen widerfahren ist und welche Auswirkungen die Ereignisse für die Betroffenen und ihre Familien hatten. Dies kann, so hoffen wir, mit dazu beitragen, dass die Betroffenen dieser schrecklichen Taten das Geschehene selbst etwas besser verarbeiten können.
Uns ist bewusst, dass die nochmalige Beschäftigung mit dem Geschehenen schmerzhaft sein kann. Deshalb können wir völlig verstehen, wenn Betroffene wie Sie für sich entscheiden, sich jetzt nicht mehr mit dem Schlimmen, was passiert ist, befassen zu wollen. Dennoch bitten wir Sie um Unterstützung unserer Arbeit, die nur gelingen kann, wenn möglichst viele Betroffene bereit sind, sich mit dem, was ihnen widerfahren ist, uns anzuvertrauen. Dabei versichern wir Ihnen, dass wir für alle Informationen, die wir von Ihnen oder über Sie erhalten, in Abstimmung mit dem Datenschutzzentrum des Saarlandes ein Datenschutzkonzept erarbeitet haben, das sicherstellt, dass Ihre persönlichen Informationen und Daten nur den Mitgliedern der Kommission und deren auf Verschwiegenheit verpflichteten Zuarbeitern zugänglich sind, vertraulich bleiben und vor Weitergabe sowie unbefugten Zugriffen geschützt sind.
Uns ist klar: Keine Aufarbeitung kann das Geschehene rückgängig machen und die persönlichen Folgen davon einfach auslöschen. Aber wir glauben, wir als Kommission können mit Ihrer Unterstützung einen Beitrag dazu leisten, dass Kinder und Jugendliche in Zukunft in Einrichtungen wie dem Universitätsklinikum des Saarlandes sicherer vor Übergriffen, sexualisierter Gewalt und Missbrauch sind. Wir hoffen auf Ihr Vertrauen in uns und Ihre Mithilfe!
Mitglieder der Unabhängigen Aufarbeitungskommission am UKS
Wir als Mitglieder der Kommission möchten uns Ihnen kurz vorstellen:
Vorsitzender der Aufarbeitungskommission ist der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamtes und Bundesvorsitzende des Weißen Rings Jörg Ziercke, der sowohl über beste Kenntnisse in der Ermittlung und Aufklärung diffiziler Sachverhalte als auch in der Hilfe für Opfer von Straftaten verfügt.
Die weiteren Mitglieder der Kommission sind:
- Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts als stellvertretende Vorsitzende, die ihren juristischen Sachverstand in die Kommission einbringt
- Prof. Dieter Filsinger, Soziologe und Erziehungswissenschaftler mit besonderer Expertise in der Behandlung von Kindesmissbrauchsfällen und in der Organisationsanalyse
- Matthias Katsch, langjähriger Sprecher der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch
- Dr. med. Doris Mallmann, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Diplom-Psychologin
- Dr. med. Michael Brünger, Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Uns, der Aufarbeitungskommission, ist ein Beirat an die Seite gestellt, dessen Vorsitzende Frau Dr. Christine Bergmann ist. Sie war Bundesfamilienministerin und die erste Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung. Sie gehört der Unabhängigen Aufarbeitungskommission auf Bundesebene an. Im Beirat wird sie von verschiedenen Fachleuten und von Missbrauch selbst schon einmal betroffenen Menschen unterstützt.
Jörg Ziercke
Christine Hohmann-Dennhardt
Dieter Filsinger
Matthias Katsch
Michael Brünger
Doris Mallmann
Gerald Stock
Beschluss des Aufsichtsrats des UKS zur Einrichtung der UAK
Die „Unabhängige Aufarbeitungskommission“ wird durch den Aufsichtsrat des UKS eingesetzt. Ihr Auftrag besteht darin, über die juristische Aufklärung hinaus die Missbrauchsverdachtsfälle am Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) umfassend und in einem übergreifenden gesellschaftlichen Sinne aufzuarbeiten. Wesentliches Merkmal der Kommission ist ihre Unabhängigkeit sowohl in ihrer Arbeit als auch in der Veröffentlichung der Ergebnisse. Sie stellt bei ihrer Arbeit die Betroffenen und ihre Geschichte in den Mittelpunkt. Sie sind von Anfang an in den Prozess einzubinden. Ihre Anliegen sollen gehört werden. Durch diese Aufarbeitung will sich das UKS seiner Verantwortung als Institution stellen. Die Aufarbeitung soll auch den Grundstein für eine erfolgreiche Prävention legen: Das UKS sieht sich in der Pflicht, künftig den Kinderschutz in besonderer Weise zu gewährleisten.
Für den Aufarbeitungsprozess ist eine Dauer von 2 Jahren vorgesehen. Kann der Bericht in diesem Zeitraum nicht erstellt werden, kann eine Verlängerung vereinbart werden
Orientiert an den Empfehlungen der Unabhängigen Kommission für Aufarbeitungsprozesse in Institutionen, soll die Kommission durch einen Beirat flankiert werden. Dieser soll gewährleisten, dass die Belange der von den Missbrauchsverdachtsfällen am UKS betroffenen Familien in ausreichendem Maße berücksichtigt werden. Zudem sollen durch den Beirat weitere in Betracht kommende Personen und Institutionen (sog. „Stakeholder“) mit in den Prozess eingebunden werden und dort ein organisiertes Forum erhalten. Für den Vorsitz des Beirates konnte Frau Bundesministerin a.D. Dr. Christine Bergmann gewonnen werden. Neben der Vorsitzenden soll der Beirat aus 9 weiteren Mitgliedern bestehen. Die weiteren Mitglieder des Beirats sollen in Abstimmung mit der Beiratsvorsitzenden auf Vorschlag der Kommission durch den Aufsichtsrat ernannt werden. Der Beirat wird ehrenamtlich tätig. (...)
Ziel des der Aufarbeitungskommission seitens des Aufsichtsrats UKS erteilten Auftrags ist es, dass das UKS auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse und darauf gründender Empfehlungen der Kommission jeder einzelnen betroffenen Patientin und jedem einzelnen betroffenen Patienten sowie deren Eltern soweit wie möglich gerecht wird, das gegebene Versprechen größtmöglicher Transparenz einlöst und mit geeigneten Maßnahmen künftig dafür Sorge trägt, dass der Schutz vor sexuellem Missbrauch insbesondere von Kindern Leitmotiv des Handelns innerhalb des UKS ist. (...)
Die Aufgaben der Kommission im Einzelnen
a) Erfassung (möglichst) aller (Verdachts-)Fälle
b) Analyse von Täterstrategien
c) Analyse von Organisationsstrukturen am UKS
d) Untersuchung des institutionellen Umgangs mit Betroffenen und ihren Familien
e) Untersuchung der Rechtslage hinsichtlich des Informationsaustausches zwischen öffentlichen Stellen bei Missbrauchsverdachtsfällen
f) Verständigungsprozess zwischen UKS und Betroffenen
g) Öffentlichkeits- und Pressearbeit
h) Abschlussbericht
Datenschutzkonzept der UAK am UKS
Die UAK ist mit Beschluss des Aufsichtsrats des UKS vom 29.04.2021 eingesetzt und beauftragt worden, in Unterstützung der Kontrollaufgabe des Aufsichtsrates die Missbrauchs-verdachtsfälle am UKS umfassend und in einem übergreifenden gesellschaftlichen Sinne aufzuarbeiten, wobei die Betroffenen und ihre Geschichte im Mittelpunkt der Aufarbeitung stehen und in den Aufarbeitungsprozess einbezogen werden sollen. Aufgabe der UAK ist insbesondere, durch Beiziehung aller erforderlichen Akten/Unterlagen möglichst alle Verdachtsfälle zu erfassen und zu beurteilen, Fragen ggf. angezeigter Entschädigungsleistungen zu klären, Täterstrategien nachzugehen, die Organisations- und Regelstrukturen am UKS zu analysieren und auf dieser Basis Empfehlungen für eine verbesserte Prävention gegen sexuellen Missbrauch und eine gute Compliance am UKS nach Maßgabe heutiger „best practice“ abzugeben. Dabei hat der Aufsichtsrat des UKS der UAK Unabhängigkeit bei ihrer Arbeit und bei der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse zugesichert.
Informationsblatt für Betroffene